Elisabeth Keider Photography

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2024 03 26 - Tag 4 - Die Heimat des Minotaurus

Heute stand der Tag im Zeichen der Minoischen Kultur, über diese gibt es keine schriftlichen Zeugnisse. Sie lebt in den Mythen weiter und wird durch die Archäologie Stück für Stück entschlüsselt. Heute haben wir den größten der bisher gefundenen Paläste, Knossos, besucht. Wie auch alles andere wurde diese Palastanlage 1700 v. Chr. durch ein großes Erdbeben zerstört und danach wieder aufgebaut. 

Der Ort war bereits im Neolithikum (also ca. 7.000 Jahre v. Chr.) besiedelt. Die Anlage erstreckt sich auf 20.000 m². Die Nachbauten die auf dem Gelände zu finden sind verdanken wir Sir Arthur John Evans, er war der Archäologe der ab 1900 den Palast ausgrub und der Kultur ihren Namen gab.

Heute würde man vielleicht ein wenig vorsichtiger mit der Rekonstruktion sein und einige seiner Erkenntnisse sind auch schon überholt. So ist der sogenannte Thronsaal wahrscheinlich nicht unbedingt ein Thronsaal nur weil ein Sessel darin gefunden wurde - wer hat schon so einen Mini-Thronsaal mit einem Schwimmbecken. Wofür der Raum genau verwendet wurde? Man weiß es nicht, aber eventuell für kultische Handlungen. Auch in heutigen Religionen kennt man ja die rituellen Waschungen. 

Ich finde die Anlage auf jeden Fall sehr spannend und werde mich mehr in diese faszinierende Kultur einlesen. Man darf sich den Palast übrigens nicht als Palast im heutigen Sinn vorstellen. Es war wohl eher das Zentrum der Verwaltung. Mit kleinen Kultstädten, aber auch Lagerräumen für Getreide, Ölprodukte und Wein. 

Nach dem Besuch des Palastes ging es weiter ins Archäologische Nationalmuseum. Hier sind die Originalfunde der Insel ausgestellt. Mein Lieblingsstück: Die Schlangengöttin die 1600 v. Chr. gefertigt und in Knossos gefunden wurde. Für mich ist es ein Wunder wie die Figur diese Zeitspanne überleben konnte. Sie personifiziert wahrscheinlich eine Muttergöttin, vielleicht Mutter Natur. Die Schlangen, die sich ja jedes Jahr Häuten stellen vielleicht den Kreislauf des Lebens dar. 

Aber auch die anderen Exponate sind wahnsinnig interessant. So zB der Diskos von Phästos. Die Schrift auf dieser Scheibe (die beiden Seiten sind unten im Bild zu sehen) konnte noch nicht entziffert werden. Die Zeichen wurden übrigens mit kleinen Siegel-Stempel in den ungebrannten Ton eingedrückt und man könnte den Text somit als den ersten “maschinell” hergestellten ansehen. 

Ich habe ja meine eigene Theorie entwickelt - es ist gar keine Schrift sondern ein Spielbrett: Man muss Würfeln und rückt dabei Felder nach Vorne, wer zuerst in der Mitte ist hat gewonnen. Was interessant ist, es ist der einzige Fund dieser Art und die Schrift Linear A gab es zeitgleich. Lesen kann man beide nicht.

Bevor wir die Minoer für heute verlassen noch der gestern versprochene Mythos: Gestern haben wir ja erfahren das Minos einer der drei Söhne des Zeus mit Europa war. Jetzt stellte sich natürlich wie so oft die Frage: Wer wird König im Land? Minos dachte sich, wenn ich die Gunst des Meeresgottes Poseidon erlange dann wird mir keiner den Thron streitig machen. Also wendet er sich an seinen Onkel und bittet um einen wunderschönen Stier den er ihm zu ehren opfern will. Poseidon fühlt sich geschmeichelt und schickt ihm einen beeindruckenden  Stier. Minos wurde dann aber gierig, er behält den Stier und opfert nur einen “normalen” Stier. Was man nicht tut: Man erzürnt die Götter nicht (warum man Poseidon gegen sich aufbringt wenn man auf einer Insel lebt ist mir sowieso ein Rätsel - er beherrscht die Meere und ist für Erdbeben zuständig. Mit Poseidon legt man sich nicht an! Fragt Odysseus) Es kommt wie es kommen muss, Poseidon schäumt vor Wut, aber er lässt es nicht direkt an Minos aus sondern bedient sich für seine Rache der Frau von Minos: Pasiphae. Er verzaubert sie, sie verliebt sich in den Stier und will unbedingt Sex mit dem gut gebauten Tier. Sie überzeugt das Universalgenie dieser Zeit, Daidalos, ihr eine hölzerne Kuh zu konstruieren in die sie hineinschlüpfen kann. Der Stier (schön aber nicht sehr intelligent) sieht die Holzkuh und bespringt diese. Daraufhin wird Pasiphae schwanger (das geht wohl auch nur weil auch sie von einem Gott abstammt - ihr Papa war Helios der Sonnengott) und bekommt einen kleinen Sohn: Asterios. Aber oh Schreck: Der Kopf ist vom Stier, der Körper vom Menschen. Peinlich für Minos - der ist ein gehörnter Ehemann und wurde mit einem Stier betrogen - die Lachnummer der Antike. Genauso sieht Rache aus. Morgen geht es dann weiter mit dem kleinen Asterios - wir kennen ihn besser als Minotaurus. 

Nach der ganzen Geschichte ging es dann zu Fuß durch Heraklion zu einem kleinen Lokal in dem wir die lokalen Gerichte probieren konnten. Es war großartig, von Salaten über Pasta und Lamm- und Hühnerfleisch war alles dabei. Ich habe wieder einmal verabsäumt ein Foto davon zu machen, typisch: Ich fotografiere immer alles: Außer Essen. 

Nach dem späten Mittagessen bin ich dann nicht direkt ins Hotel. Ich bin noch durch die Stadt gewandert und war auch in der Minas-Kathedrale. Morgen verlassen wir dann Heraklion endgültig und werden die nächsten Tage den Rest der Insel erkunden.